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Newsletter Mai 2014

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Schwung: Newsletter Mai 2014




Liebe Leserin, lieber Leser,

schon etwas länger her, aber unvergessen ist eine Unterhaltung mit einer Rollstuhlfahrerin, die in unsere Kirchengemeinde ging, und mit der ich mich regelmäßig traf, bevor sie nach Süddeutschland umgezogen ist. Sie ist eine fröhliche, aufgeschlossene und überaus kontaktfreudige Person. Wenn ich mit ihr in der Stadt unterwegs war, staunte ich nur, wen sie alles kannte. Sicher hat sie auch am neuen Wohnort wieder viele Kontakte.

In jener Unterhaltung, die mir so unvergeßlich geworden ist, erzählte ich nebenbei, daß ich nur mit einem Auge sehen kann und deshalb keinen räumlichen Seheindruck habe. Das brachte sie ganz aus der Fassung. Sie fand das ganz schrecklich, nur mit einem Auge sehen zu können. Das würde sie nie erleben wollen! Um nichts in der Welt! Sie konnte sich auch kaum beruhigen, als ich ihr sagte, daß ich damit gut leben könnte, und ich nur Probleme habe, Entfernungen zu schätzen, was mir beispielsweise das Einparken etwas schwerer macht.

Sie ließ es auch nicht gelten, als ich sagte, ich würde es viel schrecklicher finden, im Rollstuhl sitzen zu müssen: Ach, daran gewöhne man sich schon. Aber nur mit einem Auge sehen können, das ist doch ganz schrecklich!


Mit Einschränkungen gut leben

Ich habe mich daran gewöhnt, nur mit einem Auge zu sehen. Die Herausforderungen, nicht daneben zu gießen, wenn ich ein Getränk in ein Glas oder eine Tasse eingieße, habe ich meistern gelernt. Weil mir das Einparken in enge Parklücken schwer fällt, fahre ich eben öfter mit Bus und Bahn in die Innenstadt – und komme viel entspannter an. Wenn ich Auto fahre, ist mein Sicherheitsabstand lieber zu groß als zu klein – Mitfahrer sagen, daß sie bei mir im Auto keine feuchten Hände bekommen. Und: Ich spare mir das Geld für die teurere 3D-Kinovorstellung und bin nicht versucht, mir einen teuren 3D-Fernseher anzuschaffen.

Ich kann also gut leben mit meiner kleinen „Behinderung“. Schrecklich fände ich es allerdings, das Augenlicht ganz zu verlieren. Wenn mir das passierte – würde es sich dann noch lohnen zu leben? Kann das noch ein Leben sein? Ohne die gewohnten Eindrücke von Licht und Farben, von denen ich so sehr zehre? Und ohne das geliebte Fotohobby? Für immer im Dunkeln? Nicht ohne Grund hüte ich meinen Augapfel wie meinen Augapfel. Das ist beim Augenarzt immer ganz schwierig. Wenn er mit einem Instrument oder einer Pipette nahe ans Auge kommt, ist der Schließreflex so stark, daß ich ihn kaum beherrschen kann.

Mich hat dieses Gespräch nicht mehr losgelassen. Unsere Einschätzung, was schlimm ist und was nicht schlimm ist, scheint also eine sehr subjektive Sache zu sein. Ich weiß, daß meine Bekannte auch ärgerliche Situationen kennt, unter denen sie leidet. Etwa wenn sie zu langen Umwegen gezwungen ist, weil ein Weg oder eine S-Bahnstation nicht barrierefrei ist. Oder als ein neuer Rollstuhl ihr Probleme bereitete, weil sie nicht gut drin saß, und die notwendigen Änderungen nicht vorankamen, weil die Krankenkasse nicht zahlte. Aber daß sie eine halbierte Sehkraft schlimmer findet, als lebenslang im Rollstuhl zu sitzen, hat mich viel gelehrt. Überhaupt hat sie mich sehr bereichert – auch mit einer anderen Sicht auf die Dinge. Ich sehe die kostenintensiven Bemühungen der Verkehrsbetriebe mit anderen Augen, U- und S-Bahnstationen behindertengerecht auszustatten.


Die Fülle behinderten Lebens

Sehr bereichert hat mich auch eine blinde Frau, die ich seit einiger Zeit coache. (Sie hat mir erlaubt, an dieser Stelle davon zu schreiben.) Für sie mußte ich die Unterlagen, die ich im Coaching benutze, barrierefrei umstellen. Also so ändern, daß sie sie auch mit der Braillezeile am Computer lesen kann. Da geht ja nichts mehr mit grafischen und typographischen Stilmitteln, mit verschiedenen Schriftarten und Farben. Eine zeitaufwendige Sache für mich, die mir aber lohnend und sinnvoll erschien. Nicht nur, weil ich so selbst wieder einen Perspektivwechsel vollziehen konnte, sondern auch, weil ich die Unterlagen nun bereit habe, wenn ich sie das nächste Mal brauchen sollte.

Dieser Perspektivwechsel ist das, was mich am meisten berührt. Ich ertappte mich während der Coachinggespräche bei so manchen tief sitzenden Vorurteilen, auf die ich gerade als Coach nicht wirklich stolz bin: Menschen mit Behinderungen leben ein unvollkommenes Leben, das sie irgendwie rumkriegen müssen. Sie können nicht viel tun, nicht viel bewirken. Ich war erstaunt, diese Gedanken immer noch in mir zu finden, obwohl ich doch bereits von Untersuchungen wußte, nach denen gerade Behinderte am ehesten in ihrer Berufung leben und ihre Erfüllung finden. Warum? Weil sie sich mehr als andere Menschen auf das fokussieren müssen, was sie gut können. Mit anderen Worten: Ihnen bleibt die Versuchung erspart, sich mit allem möglichen zu verzetteln.

Diese blinde Frau also überführte mich durch das, was sie erzählte, meines falschen Denkens und belehrte mich eines Besseren: Eine lebenslustige Frau mit ungewöhnlich vielen Ideen und voller Tatendrang. Ich habe als Coach das Privileg, mich auf der Suche nach Berufung ein Stück mehr in ihre Welt hineinzudenken und kann kaum fassen, wie reich und vielfältig diese Welt ist. Dennoch stehe ich staunend daneben, wenn sie Dinge vorhat, von denen ich mir nicht mal vorstellen kann, wie man sie ohne Augenlicht bewältigen kann. Aber als Coach muß ich ja nicht das können, was meine Kunden können. Ich muß sie nur darin unterstützen, damit anzufangen. Gerade ihre Einschränkung, so lerne ich durch das Coaching, macht diese Menschen zu ganz besonderen Problemlösern, ja, geradezu zu Lebenskünstlern.


Blind auf der Bühne

Was da alles drin ist, habe ich denn auch in einem schmissigen Theater- und Musikabend mit den „Blinden Passagieren“ erlebt. Die „Blinden Passagiere"“ sind ein Ensemble aus sehenden Profischauspielern und blinden Laienschauspielern. Eine Geschäftspartnerin hat mich eingeladen. Erst wollte ich da nicht hin. Ich hatte gerade viel Arbeit, mein Kopf war voll mit anderen Dingen. Doch dann ergab ich mich ihrem Drängen (danke dafür!), und nahm mir den Abend frei. Und es hat sich richtig geloht!

Vordergründig war es ein Abend mit 50er-Jahre-Schlagern – und was hatten sie damals für fröhliche Musik! Das Ganze geschickt eingebettet in eine maritime Handlung im 50er-Jahre-Flair und mit witzig herausgearbeiteten Charakteren. Nicht zu vergessen die kleine, aber richtig gute Band, die für eine außergewöhnlich vielfältige musikalische Begleitung sorgte. Was mich aber am meisten faszinierte, war das Zusammenspiel von blinden Laienschauspielern und sehenden Profischauspielern. Blinde auf einer Bühne – kann das gehen? Ja, es ging. Und wie! Die Sehenden haben die Blinden behutsam unterstützt, leiteten unauffällig ihre etwas unsicheren Schritte über die Bühne, gaben ihnen Requisiten oder das Mikro in die Hand – und spielten dabei trotzdem ihre Rolle.

Und wenn die Blinden dann den „Kriminal Tango“ oder „Schuld war nur der Bossa Nova“ losgeschmettert haben, dann war alle Unsicherheit weg. Der Funke sprang über. Das Publikum schunkelte mit, einige riß es sogar von den Plätzen, und sie tanzten im Gang. Einer der blinden Schauspielerinnen konnte man ansehen, daß ihr Platz auf der Bühne war. Sie fühlte sich dort wohl, blühte richtig auf. Eine andere Schauspielerin hatte einen stilleren Charakter, es schien, als wäre es ein großer, mutiger Schritt für sie, auf die Bühne zu gehen – einfach nur beeindruckend. Es war ein sehr berührender und bereichernder Abend – mit mehreren Zugaben. Wie schade wäre es gewesen, wenn ich das verpaßt hätte.


Stark im Team

Das, was mich an dem Abend besonders angesprochen hat, war die Teamleistung. Ein Team aus ganz unterschiedlichen Menschen hat gemeinsam eine große Sache auf die Beine gestellt und damit viele Menschen begeistert. Sie haben ihre Stärken zusammengetragen – und damit haben die individuellen Schwächen nicht mehr gestört. Die „Blinden Passagiere“ sind ein beeindruckendes Beispiel für gelungene Teamarbeit – und sollten ein Vorbild sein für Teams in Unternehmen, die oft an einer Gleichförmigkeit der Gaben und Charaktere leiden und deshalb weder sonderlich produktiv, noch sonderlich schlagkräftig sind.

Die „Blinden Passagiere“ reißen auf ihre Weise festgefahrene Denkstrukturen ein: Wir wollen ein Stück auf die Bühne bringen? Also brauchen wir ein Team ausgebildeter Schauspieler. Ja, ausgebildete Schauspieler waren dabei. Sie hätten ein anspruchsvolles Stück sicher perfekt und pannenfrei über die Bühne gebracht und damit das Wohlwollen eines anspruchsvollen Publikums bekommen. Aber das Lebendige und der Reichtum entstand durch die Laien. Wären es umgekehrt nur Laien gewesen, wäre es wohl auch nicht so gut geworden. Es war das Zusammenspiel unterschiedlicher Leute mit unterschiedlichen Erfahrungen und Begabungen, das etwas Besonderes draus gemacht hat.

Ich bin überzeugt: Wenn wir uns von eingefahrenem Denken lösen, könnten wir Teams – oder auch Firmenbelegschaften – aufbauen, die wirklich Großes und Begeisterndes leisten können. Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Als sich ein Mann namens Jesus Christus ein Team zusammensuchte, um eine Organisation mit weltweitem Einfluß zu gründen, die trotz aller geschichtlicher Wirren und vieler Führungsfehler mindestens zwei Jahrtausende Bestand haben sollte, wählte er keine Könner aus, keine Begabten, keine High Potentials, keine Doktoren, Professoren oder Nobelpreisträger, noch nicht mal Theologen. Sondern er suchte sich Fischer, Beamte, Revoluzzer. Er suchte sich Leute mit ganz unterschiedlichen Charakteren. Im Team waren ein Draufgänger und ein Zweifler, ein Geizkragen und – ein Hochsensibler. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen also, der nach gerade mal drei Jahren Lehrzeit mit dem großen Werk begann.


Teil des Ganzen werden

Der Unterschied zu heute ist, daß damals das Lernen im Team stattfand. Und zwar nicht nur bei der Arbeit, sondern auch im Zusammenleben miteinander und mit dem Meister – die Teammitglieder schliffen sich gegenseitig ihre Ecken und Kanten ab – sie wuchsen auch in ihrer Persönlichkeit. Heute sind Lernen und Arbeit getrennt. Wir verschieben das Lernen in die Ausbildung – dahin, wo es keine Berührung mit der Arbeit hat. Und auf der Arbeit geht die Berührung mit dem Lernen verloren – obwohl es doch heutzutage ohne lebenslanges Lernen nicht mehr geht. Also schickt man den Mitarbeiter bestenfalls zu einem Kurs – wo wieder die Berührung mit der Arbeit fehlt...

Die einzige Verbindung zwischen Lernen und Arbeit ist der Abschluß. Folgerichtig spielt er die zentrale Rolle auf dem Weg vom Lernen in die Arbeit. Doch er sagt nichts darüber aus, ob der Kandidat ins Team paßt und es ein Stück schlagkräftiger macht. Er sagt oft noch nicht mal was darüber aus, was der Kandidat wirklich kann. Das Lernen hat ja seit der Bologna-Reform mit ihrer Einführung der Bachelor- und Master-Abschlüsse immer weniger mit Persönlichkeitsbildung und immer mehr mit Informationsanhäufung zu tun. Beschwerten sich die Unternehmen früher darüber, daß ihnen die Absolventen zu alt waren, so beschweren sie sich heute darüber, daß die Absolventen noch grün hinter den Ohren sind.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Es begeistert mich immer mehr, wenn Menschen, die auf irgendeine Weise anders sind, Teil des Ganzen werden und dabei ihre besonderen Gaben, Sichtweisen und Problemlösefähigkeiten einbringen können. Ich freue mich immer wieder über den Reichtum, der dadurch für alle entsteht. Schon in einem früheren Newsletter habe ich vom Softwarekonzern SAP berichtet, der dabei ist, eine große Zahl Asperger-Autisten einzustellen. Es lohnt sich, auf die besonderen Begabungen besonderer Menschen zu setzen. Das Frappierendste dabei: Aus den betroffenen Teams hört man, daß die Arbeitszufriedenheit steigt – obwohl es ja für das ganze Team eine Herausforderung ist, solche Leute zu integrieren.


Die interessantesten Menschen

Vom Mediziner und Philosophen Giovanni Maio stammt ein bemerkenswerter Satz: „Würde ich nach den Kriterien des Marktes argumentieren, müßte ich sagen: Interessant und attraktiv ist immer nur der Mensch, der etwas Außergewöhnliches an sich hat.“ Hoppla! Was für eine Ausschließlichkeit! Warum tut sich dann der Markt so schwer mit Menschen, die in irgendeiner Weise anders sind? Warum tun wir uns damit so schwer?

Wir scheuen wohl vor allem die Berührung mit dem offensichtlichen oder vermeintlichen Leid, das behinderte oder sonst andersartige Menschen erleben. Wir füllen Patientenverfügungen aus, weil wir uns nicht vorstellen können, daß auch ein Leben in extremster Einschränkung noch lebenswert sein könnte. Wir untersuchen ungeborene Kinder und treiben sie bei Verdacht auf eine Behinderung ab, weil wir uns nicht vorstellen können, daß sie trotz Behinderung ein lebenswertes Leben führen könnten. Wir wollen ihnen Leid „ersparen“ – aber was enthalten wir ihnen damit eigentlich alles vor?

Es ist spannend, den Gedanken Maios ein wenig zu folgen, die sich um Glück und Leid drehen. Wir führen heute ein so gutes Leben wie keine Generation vor uns, sagt Maio, und doch gehören wir zu den unglücklichsten der Menschheitsgeschichte. Maio kritisiert die „Kultur der Leidvermeidung“ in Medizin und Gesellschaft. Der unentwegten Jagd nach Glück setzt er ein Plädoyer für den guten Umgang mit den „gegebenen Grenzen des Könnens“ entgegen. Alles in unserer Gesellschaft – und speziell in der Medizin – drehe sich darum, unseren Körper zu reparieren oder zu optimieren. Die Funktionsfähigkeit wiederherzustellen sei für die Medizin zwar kein falsches Ziel, aber wo das nicht gelinge, sollte sie zu einem guten Umgang mit Krankheit oder den Grenzen des Könnens verhelfen. Also: Wie kann ich mich mit meinem Leiden anfreunden? Doch an diesem Punkt sei die Medizin hilflos.


Tyrannei des Gelingens

Das liegt aber nicht an der Medizin selbst. Es ist ein gesellschaftsweites Phänomen. „Der moderne Mensch ist innerlich verarmt. Er hat weder die Stärke, noch die Kraft, die Dinge, die er nicht ändern kann, als solche anzunehmen.“ Jeder müsse in unserer Leistungsgesellschaft etwas aus sich machen, ein „gelingendes Leben“ vorweisen, stets funktionieren. Wir seien zum „Homo oeconomicus“ geworden – zum ausschließlich von wirtschaftlichen Zweckmäßigkeitsüberlegungen geleiteten Menschen. Leid, Einschränkungen, Behinderungen stören da nur. Wir stehen, so Maio, unter einer „Tyrannei des Gelingens“. Das führe zu einem gebrochenen Verhältnis zu unserer Verletzlichkeit, Angewiesenheit und Unvollkommenheit.

Je mehr wir aber versuchen, unsere Schwächen zu vertuschen, desto mehr nivellieren wir uns und werden zum Standardmenschen, sagt Maio. Wir passen uns an, normieren uns, vergessen, wir selbst zu sein, verlieren unsere Unverwechselbarbeit. Wir leben nicht unser authentisches Selbst, sondern die verinnerlichten Erwartungen des Kollektivs. Wir inszenieren uns selbst, schauen auf das richtige Aussehen und die optimale Performance – kommt Ihnen das aus Bewerbungsratgebern bekannt vor? Es ist doch paradox: In dem Versuch, uns dieserart selbst zu verwirklichen, verlieren wir unser Selbstsein und unsere Authentizität. Wir erreichen das Gegenteil von dem, was wir anstreben.

Auch unser Kampf gegen das Altern ist Ausdruck dieses Verlustes des Selbst. Nicht mehr die Weisheit zählt, sondern die Fitness. Die Leistungsideale der Jungen würden, so Maio, zur Vorgabe für das ganze Leben. Dabei zeigen uns gerade alte Menschen, was der Mensch ist. Auch wenn sie Einschränkungen bei Tempo und Mobilität erleben, behalten sie doch ihre Kompetenzen und ihre Erfahrungen – und gewinnen obendrein aufgrund ihres nahenden Todes eine Unbestechlichkeit und Klarheit in ihrem Urteil, die für unsere Gesellschaft unverzichtbar ist.


Dankbarkeit für das Sein

Noch einmal Giovanni Maio: „Ein gebrechlicher Mensch zeigt uns, daß er einen Weg findet, ein gutes Leben zu leben – auf Krücken. Die Vorstellung, daß das Glück zu Ende ist, wenn man nur noch auf Krücken gehen kann, ist ein großer Irrtum und der Anfang des Unglücks. Wir können in dieser Hinsicht noch sehr viel lernen. Es fehlen Vorbilder in der Bewältigung der Angewiesenheit. Menschen, die uns vormachen, wie man in der extremsten Angewiesenheit ein gutes Leben führen kann.“

Wenn wir nicht auf der Jagd nach dem Glück das Glück verpassen wollen, brauchen wir vor allem das eine: Dankbarkeit für das Sein – so, wie es ist. Kranke, gebrechliche oder behinderte Menschen haben in dieser Hinsicht einen Vorteil. Es ist oft ein großer Kampf, die Begrenzungen und das Leid anzunehmen. Da sie nicht der Versuchung unterliegen, nach Selbstoptimierung und Selbstinszenierung zu streben, führt ihr Weg direkt in diesen Kampf – und durch ihn hindurch. Wo er gelingt, werden sie uns zum Vorbild und zum Segen.

Ob Sportler auf den Paralympics, ob Asperger-Leute im Team, ob der Sterbende im Krankenhaus – sie alle haben uns etwas ganz Wichtiges zu geben. Haben Sie bei Begegnungen mit Behinderten oder bei Krankenbesuchen nicht auch schon diese Erfahrung gemacht? Erst wußten Sie nicht, was Sie sagen sollen, um zu stärken, zu ermutigen und aufzurichten – und am Ende waren Sie selbst gestärkt, ermutigt und aufgerichtet. Stimmt's? Das ist das Paradoxe: Eine Gesellschaft oder Belegschaft, die gesund bleiben will, braucht die Kranken, Behinderten und Andersartigen. Drängt sie sie beiseite, so daß nur noch die Gesunden und Fitten übrigbleiben, wird sie krank.


Dasein für andere

Das Leben ist nicht Leistung. Es ist Begegnung. Es ist Dasein – und zwar Dasein für andere. Hier sind wir nahe dran am Berufungsthema. Wir glauben, Glück und Erfolg managen zu können. Doch das geht nicht. Was wir können, ist, unsere Berufung zu leben, und sei es – wie Maio sagt – „in den kleinsten Horizonten, die einem offenbleiben, solange man lebt, vorausgesetzt, es gibt Menschen, die einem dabei helfen“. Dann werden sich auch Glück und Erfolg einstellen.

Wenn Leben Begegnung ist – gehen wir doch aufeinander zu! Auch auf die, die anders sind als wir selbst. Die vielleicht so anders sind, daß wir nicht wissen, wie wir ein Gespräch beginnen sollen. Wie kann es trotzdem gelingen? Beispielsweise mit der Frage: „Wie schaffst du es, dein Leben zu meistern?“

Entdecken wir, wie reich und vielfältig eingeschränktes Leben sein kann, und wieviel sich davon lernen läßt.

Herzlichst,
Ihr Reimar Lüngen



„Wenn wir unseren Willen auf das richten, was wir können, werden wir glücklich sein… Deswegen müssen wir nicht so sehr an der Veränderung der Welt arbeiten, sondern an der Veränderung des Bewußtseins.“ – Giovanni Maio



Inhalt

> Termine und Infos
> Warnung: Neue Virengefahr
> Beruflichen Wandel meistern
> Angemerkt: Bitte gehen Sie wählen



Termine und Infos

Ganz kurz bevor steht der zweite Teil der aktuellen Seminarreihe Hochsensibilität mit dem Titel „Hochsensibilität leben“: Schon am Donnerstag, dem 8. Mai, treffen wir uns um 19:30 Uhr im Ecos Office Center Hamburg, Glockengießerwall 17 (nahe Hauptbahnhof). Wenn Sie sich kurzfristig entschließen, dürfen Sie trotz des heutigen Anmeldeschlusses noch dabei sein. Wir rücken dann noch etwas zusammen. Lassen Sie es mich bitte bis zum 8. Mai um 12:00 Uhr wissen, da ich dann die Teilnehmerzahl dem Office Center mitteilen muß.

Die Arbeitswelt ist laut und hektisch, setzt auf schnellen Erfolg und erfordert dominantes Auftreten – kein Platz für uns Hochsensible. Dennoch müssen auch wir hier unseren Lebensunterhalt verdienen. Das ist quälend anstrengend und bringt uns an die Grenzen unserer Kraft – manchmal bis zum Burnout. Auf der anderen Seite erstickt die Wirtschaft an den Problemen, die durch das Fehlen der Hochsensiblen entstehen.

Was können wir Hochsensiblen tun, um unseren Platz in der Arbeitswelt zu finden und einzunehmen? Was dürfen wir keinesfalls tun, um Schaden an Leib und Seele zu vermeiden? Wie können wir wieder auf unsere angestammten Plätze in Beratung, Gesundheit und Lehre zurückkehren? Was brauchen wir, um unseren einzigartigen Beitrag wieder leisten zu können? Und worin besteht unser Beitrag eigentlich? Wie können wir unsere Bedürfnisse am Arbeitsplatz geltend machen? Dieses Seminar gibt einen Überblick über unsere Herausforderungen und unsere Möglichkeiten im Beruf. Herzliche Einladung!

Mehr zum Seminar auf: www.RLuengen.de/termine/termine.html#m015


Der Austauschabend „Hochsensibilität meistern“ folgt dann am Donnerstag, dem 22. Mai, gleiche Uhrzeit, gleicher Ort. Für diesen Abend können Sie sich bei Anmeldung bis zum 8. Mai einen Frühbucherrabatt sichern.


Immer wieder werde ich gefragt, ob es solche Seminare, wie ich sie anbiete, auch anderswo als nur in Norddeutschland gäbe. Meines Wissens nicht – aber ich würde sie auch woanders halten, wenn ich eingeladen werde. Wenn es am Ort einen Ansprechpartner oder ein Team gibt, das bei der Organisation hilft und lokal auch ein wenig die Werbetrommel rührt, dann können wir mit wenig Aufwand Großes erreichen – natürlich zu beiderseitigem Nutzen, wie bisherige Veranstaltungen zeigen. Also: Wenn Sie mich als Referent einladen möchten, dann sprechen Sie mich gern an!

Mehr zu meinen Seminarthemen auf: www.RLuengen.de/termine



Warnung: Neue Virengefahr

Erschrocken las ich gestern die Mail: Ich wäre durch einen Klick im Internet einen rechtsgültigen Vertrag mit einem Video-on-demand-Portal eingegangen und solle nun eine Abogebühr zahlen. Wenn ich das Abo nicht kündige, würde der Vertrag weiterlaufen. Es folgt eine freundliche, aber deutliche Warnung vor den Folgen, wenn ich nicht zahle. Die anhängende ZIP-Datei enthalte die Rechnung mit Impressum und ein Formular für die Kündigung.

Auf den ersten Blick handelte es sich nicht um Spam. Ich war mit Namen angesprochen, es gab keine Rechtschreibfehler und alles wirkte ganz seriös. Ich war ziemlich sicher, nichts angeklickt zu haben – aber wer weiß, ob so etwas aus Versehen passiert. Wenn die Seite neu lädt, kann man schon mal auf eine Werbung klicken ... ob mir das passiert ist?

Bevor ich den Anhang öffnete, wollte ich aber sicher sein, nicht einer Betrugsmasche auf den Leim zu gehen. Und siehe da: Im Internet gibt es eine Warnung vor solchen und ähnlichen Mails, deren Anhang keine Rechnung, sondern Schadsoftware enthält. Hätte ich ihn geöffnet, hätte ich ein Problem gehabt.


Neue Qualität der Computerkriminalität

Das Erschreckendste an dieser Sache: Diese Mails sind nicht mehr ohne weiteres als Fälschung erkennbar. Sie wecken Aufmerksamkeit und fordern gleich auf zweierlei Weise zum Handeln auf:

> Man ist gedrängt zu antworten, um die Sache zu klären oder das angebliche Abo zu kündigen – und verstößt damit gegen die Regel, nie auf Spam zu antworten. Eine Antwort sagt dem Spammer, daß diese Mailadresse existiert, und er sie nun vollspammen kann.

> Man ist gedrängt, den Anhang zu öffnen – und verstößt damit gegen die Regel, niemals unbekannte Anhänge zu öffnen. Sie können Schadsoftware enthalten, die den eigenen Computer infizieren, ausspionieren oder für kriminelle Zwecke mißbrauchen könnte.

Da mir gehörig der Schreck in die Glieder gefahren ist, ist mir das einen Beitrag im Newsletter wert: Achten Sie noch genauer auf Spam und Schadmails! Das vielleicht letzte klare Erkennungszeichen sind Anhänge als komprimierte ZIP-Datei (Endung: .zip). Solche Mails schon in der Vorschau sofort löschen. Nicht antworten, keinen Link anklicken und nicht den Anhang öffnen. Seriöse Anbieter versenden Rechnungen immer als PDF-Dateien (Endung: .pdf). Und: Seriöse Anbieter fordern Sie niemals per Mail auf, eine PIN, eine TAN, ein Kennwort oder Ihre Mobilfunknummer zu nennen oder irgendwo einzugeben.

Sollten Sie unsicher sein, ob nicht doch etwas dran ist, dann kopieren Sie vor dem Löschen der Mail deren Wortlaut aus der Mail-Vorschau in ein Textdokument, drucken Sie es aus und löschen Sie das Textdokument wieder. Vorsicht: Mitkopierte Links sind auch im Textdokument gefährlich. Deshalb den Text nur auf Papier aufbewahren. Ob Sie die Begründung, Sie hätten nicht reagiert, weil Sie die Mail für Spam hielten, vor Rechtsfolgen schützen kann, bleibt dahingestellt. Aber zumindest haben Sie gehandelt, indem sie den Text der Mail als Beweis sicherten.



Beruflichen Wandel meistern

Sie sind frustriert im Beruf? Drohen auszubrennen? Langweilen sich zu Tode? Vermissen den Sinn? Dann bleiben Sie nicht in Ihrer frustrierenden Situation! Sie riskieren sonst gesundheitliche Schäden. Warten Sie nicht, bis es zu spät ist.

Wenn Sie sich eine Veränderung nicht zutrauen oder nicht wissen, was Sie tun sollen, dann stehe ich Ihnen mit Bewerbungs- oder Berufungscoaching gern zur Verfügung: Sie entdecken, was in Ihnen steckt, gewinnen Klarheit über Ihre Möglichkeiten, wissen, welche Richtung Sie einschlagen können, verstehen, wie der Bewerbungsprozeß funktioniert und präsentieren mutig einen Lebenslauf, auf den Sie stolz sein können.

Wenn Sie sich das wünschen, dann lassen Sie sich doch zu einem unverbindlichen und kostenlosen Kennenlerngespräch einladen. Wir nehmen uns Zeit füreinander und ergründen, was Sie brauchen und was ich für Sie tun kann. Sie gehen kein Risiko ein: Nur wenn alles perfekt paßt, beginnen wir mit dem Coaching. Davor sind Sie zu nichts weiter verpflichtet.

So erreichen Sie mich:

Reimar Lüngen
Onckenstraße 11
22607 Hamburg

Tel. 040/28 41 09 45
E-Mail info@klaarkimming.org

Mehr Infos auf: www.KlaarKimming.org



Angemerkt: Bitte gehen Sie wählen

Die Europawahl steht an. Ich schrieb es schon zur Bundestagswahl: Wir befinden uns in Zeiten, in denen gute Politik kaum möglich zu sein scheint. Vor allem die Probleme der Eurozone sind weiterhin ungelöst. Nur drei Zahlen illustrieren das Ausmaß der Schuldenprobleme: Die Eurozone umfaßt etwa 7 Prozent der Weltbevölkerung und bringt 25 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Das klingt noch gut, aber die dritte Zahl hat es in sich: Die Eurozone zahlt 50 Prozent der weltweit geleisteten Sozialausgaben – wohlgemerkt bei 7 Prozent der Weltbevölkerung.

Kein Wunder, daß Europa in einem Meer aus Schulden versinkt, das nicht nur unseren Wohlstand, sondern auch die Lebenschancen von immer mehr Menschen auffrißt. Niemand weiß, wie sich das ändern läßt, denn man kann die Sozialzahlungen ja nicht einfach einstellen und die Menschen, die die Hilfe gewohnt sind, einfach sich selbst überlassen. Politiker, egal welcher Partei, sind nicht mehr Handelnde, sondern nur noch Getriebene. Eine Wahl ist in dieser Situation immer nur die Wahl des geringsten Übels. Dennoch: Treffen Sie Ihre Wahl. Lassen Sie Ihre Stimme am 25. Mai nicht ungehört, auch wenn sie nichts zu bewirken scheint.

Ex-Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker, seinerzeit einflußreichster Politiker der Eurozone, sagte einmal: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ Das hat nichts mehr mit Demokratie zu tun. Ihre Wahl wird vermutlich keine Problemlösung bringen – aber sie ist öffentlicher Ausdruck der Demokratie. Dafür, wenigstens dafür gehen Sie bitte wählen.





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Stand: Mai 2014
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