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Newsletter September/Oktober 2017

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Schwung: Newsletter September/Oktober 2017




Liebe Leserin, lieber Leser,

Wahlkampf im Endspurt: Wahlplakate mit bemerkenswert schwammigen Botschaften füllen die Straßenränder. Fernsehdiskussionen drehen sich im Kreis und kauen immer wieder dieselben Themen durch. Dennoch ist ein rekordmäßig großer Teil der Wähler noch unentschlossen. Nie schien die Frage so schwierig: Wen soll ich wählen? Man hat buchstäblich die Qual der Wahl.

Woran liegt es? In anderen Teilen der Welt ist es lebensgefährlich, ein Wahllokal aufzusuchen. Dennoch tun es die Menschen, denn es ist für sie ein großes Privileg, ihre Meinung äußern zu dürfen. Bei uns hingegen macht sich Wahlmüdigkeit breit. Die Demokratie scheint zu erodieren. Liegt es daran, daß wir sie schon so lange haben? Alles wird schließlich irgendwann mal brüchig, wenn es alt genug ist. Sind die Populisten schuld? Sie entfalten ja auf beiden Seiten des politischen Spektrums höchst betriebsame Aktivität – auch wenn sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit derzeit nur auf die rechte Seite richtet und ihr damit ungewollt in die Karten spielt. Oder ist der Erfolg der Populisten nur ein Symptom für ein tieferliegendes Problem?


Nicht mehr dran am Volk?

Der Begriff Populist kommt ja von lateinisch populus – Volk. Es ist jemand, der „populär“ ist, nah dran am Volk. Freilich provozierend, aufwiegelnd, die vorherrschende Meinung für seine Ziele ausnutzend – aber eben dran am Volk. Das macht den Populismus schon von selbst so … populär: Jemand hört uns zu. Jemand kennt unsere Sorgen. Jemand sieht, was uns beschäftigt. Daß der Populismus aber – zumindest gefühlt – Politik und Medien dominiert wie nie, rückt die politische Routiniertheit der etablierten Parteien um so mehr in ein schlechtes Licht: Sie sind eben nicht mehr dran am Volk. Und das enttäuscht viele Menschen, läßt Stammwähler ihrer Partei untreu werden.

Ich kann den Frust verstehen. Denn wie es sich anfühlt, von der Politik nicht wahrgenommen zu werden, erlebe ich selbst. Als Solo-Selbständiger, der nicht im „Normalarbeitsverhältnis“, sondern „atypisch“ tätig ist, habe ich mich aus dem Mainstream des „Typischen“ hinausbegeben, auf ein Gebiet, das außerhalb des Horizonts der Politik liegt. Das illustrieren schon die Begrifflichkeiten, die sie benutzt. Keine der etablierten Parteien versteht wirklich die Sorgen und Anliegen der Selbständigen. Deutschland will ein Land der Gründer sein, ruft gar eine neue Gründerzeit aus – und macht den Gründern gleichzeitig das Leben schwer.

Im Verband der Gründer und Selbständigen Deutschland (VGSD) liefen in den letzten Wochen die Diskussionen um die Wahlprogramme der Parteien: Wie sieht es aus mit dem Generalverdacht des Staates, die Selbständigen würden sich durch Scheinselbständigkeit aus der Sozialversicherung stehlen? Was will die Politik angesichts der unrealistisch überhöhten Mindestbeiträge zur Krankenversicherung tun? Wie ist es ist mit der allgegenwärtigen Bürokratie, mit Pflichtversicherungen, Zwangsbeiträgen und Zwangsmitgliedschaften?


Mißtrauen gegenüber Eigeninitiative

Keine der Parteien, die sich zu diesen Fragen dem Verband gegenüber geäußert hat, ist aus dieser Perspektive wählbar. Es gibt – wie einst in der DDR – überall großes Mißtrauen und eisigen Gegenwind von seiten der Politik gegenüber denen, die sich trauen, Eigeninitiative zu entfalten und etwas anders zu machen als der Mainstream. Es gibt viele Ungerechtigkeiten und zunehmende Rechtsunsicherheit für die Selbständigen, die mittlerweile akut an der Existenzgrundlage rüttelt, weil verunsicherte Auftraggeber Aufträge zurückhalten.

Da macht sich Wählerfrust breit. Eine Politik, die vergißt, daß Familien die Keimzelle der Gesellschaft sind, kann auch nicht erkennen, daß Existenzgründer die Keimzelle der Wirtschaft sind. Die Politik kümmert sich um Opel und Volkswagen, um Lufthansa und Air Berlin – und läßt zugleich die auflaufen, die auf eigenes Risiko etwas wagen, um den Staat nicht auf der Tasche zu liegen. Die Politik versucht das Alte zu retten und vernachlässigt darüber das Neue. Sie schaut auf das Große und vernachlässigt das Kleine, das nun keine Chance hat, seinerseits groß zu werden und an die Stelle des Alten zu treten, das früher oder später trotz aller politischer Unterstützung sterben wird. Dabei fingen die großen Konzerne von heute früher auch mal klein an. Die Folge solcher Politik ist Stillstand. Und Stillstand bedeutet in einer sich weiterentwickelnden Welt Rückschritt.

Es liegt mir fern, Politiker anzuklagen oder zu verurteilen. Sie sind auch Menschen wie wir, mit allem, was im Menschen so menschelt. Politiker möchten wie wir alle wichtig sein. Deshalb zeigen sie sich so gern medienwirksam mit den großen Konzernchefs, die ja ebenfalls wichtig sein wollen und sich deshalb gern mit Politikern treffen. Die Politiker stehen wie wir alle – und mehr als wir – unter Streß. Es liegt so viel an, daß sie immer nur da etwas tun können, wo es am dringendsten ist. Die Dieselkrise zeigt es: Hier wird es akut, denn nun drohen Fahrverbote. Autofahrer sind Wähler! Und … Politiker sind selbst Autofahrer.


Verzettelt sich die Politik?

Politiker in Streß – gibt es zu viel Staat? Eine kontrovers diskutierte Frage. Ich denke schon, daß sich die Politik um zu vieles kümmert. Zwar ist in unserer Politik die Idee der Subsidiarität verankert, nach der der Staat eher helfende Ergänzung zu Selbstverantwortung und Eigeninitiative des Einzelnen sein solle. Doch das riecht neoliberal, und das mögen wir nicht. Es ist komfortabler, wenn sich die Regierung um alles kümmert. Daß sie sich damit zwangsläufig bis in Kleinigkeiten hinein in unser aller Leben einmischt, nehmen wir in Kauf. Daß sie sich dabei in all den Kleinigkeiten zunehmend verzettelt, vielleicht bis zur Handlungsunfähigkeit, … nun, das beginnt uns jetzt zu ärgern.

Ich habe mal versucht, die Wahlprogramme einiger Parteien zu lesen. Bald schwirrte mir der Kopf. Selbst die stark reduzierte Zusammenfassung des „Wahlomaten“ wurde mir schnell zu viel. Eine Partei, die behauptet, die richtige Lösung für alles und jedes zu kennen, ist für mich schlicht unglaubwürdig. Um so mehr, wenn das ein einzelner Politiker von sich selbst behauptet. Und noch mehr, wenn dieser Politiker oder diese Partei behauptet, der politische Gegner sehe es natürlich falsch.

Doch eigentlich ist das alles egal. Am Ende bleibt vom Wahlprogramm ohnehin kaum etwas übrig. Es wird ein erwartbares oder überraschendes Wahlergebnis geben. Dann beginnen die Koalitionsverhandlungen, in denen jede Partei um jeden Punkt ihres eigenen Wahlprogramms ringt. Und zum Schluß bleibt von den vielen Wahlversprechen ein dürrer Kompromiß übrig. Viel Energie floß in die Willensbildung, doch das Ergebnis ist mager. Wirklich ökonomisch ist das nicht.


Überregulierte Arbeit

Dabei gäbe es gerade jetzt wirklich Entscheidendes zu tun. Es gilt jetzt, mit geeinten Kräften die Weichen in die Zukunft zu stellen. Im Newsletter schreibe ich immer wieder vom Wandel in der Arbeitswelt. Er läuft der Politik davon. Arbeit verändert sich zunehmend, sie wird zur Wissensarbeit, doch die Arbeitsgesetzgebung zementiert frühere Verhältnisse aus Zeiten der Industriearbeit.

Arbeit ist in unserem Land überreguliert. Was heißt das? Stellen Sie sich eine Straßenkreuzung vor: Es gibt Hauptstraße und Nebenstraße, jeder weiß, was er zu tun hat, alles geschieht ohne regulierender Eingriff von außen wie von selbst. Wenn auf der Hauptstraße zu viel Verkehr ist, funktioniert das nicht mehr. Eine Ampel ist nötig, damit Fahrzeuge aus der Nebenstraße auch eine Chance haben, die Kreuzung zu passieren. Sie Kreuzung ist damit reguliert. Abbieger müssen allerdings immer noch eigenverantwortlich auf Gegenverkehr und Fußgänger achten. Unaufmerksame Autofahrer können da schon mal einen Unfall verursachen.

Wer das verhindern will, muß jeder möglichen Fahrtrichtung eine eigene Grünphase geben. Ergebnis: Zu viele Verkehrsteilnehmer sehen zu lange rot, die Leistungsfähigkeit der Kreuzung sinkt, sie ist überreguliert. Man kann natürlich die Länge der Grünphasen je nach Verkehrsaufkommen optimieren, mit intelligenter Technik sogar je nach Tageszeit unterschiedlich. Man kann mit noch mehr Regulierung die Leistungsfähigkeit der überregulierten Kreuzung wieder ein Stück verbessern – doch das ist ein instabiles System: Eine Baustelle, eine Demonstration oder auch nur ein Unfall in der Nähe der Kreuzung verändern die Verkehrsströme unvorhersehbar. Die aufwendige Regulierung, die doch den Verkehr flüssig halten sollte, wird dann zur Verkehrsbremse. Wenn dann noch in der Nebenstraße ein großes Einkaufszentrum neu eröffnet, dann wird die Regulierung widersinnig, und das System bricht zusammen.


Mit fest angezogener Handbremse

Diese Situation scheint sich bei der Arbeitsgesetzgebung anzubahnen. Ihr Entstehen hatte guten Grund. Doch daraus ist im Lauf der Zeit ein riesiges, immer noch weiter wachsendes Gesetzeswerk geworden, das alles, aber auch alles reguliert. Was Arbeitnehmern Schutz und Sicherheit bringen sollte, macht sie nun unfrei: Es ist fast unmöglich, etwa Arbeitszeiten nach persönlichen Bedürfnissen oder nach sich verändernden Familienverhältnissen kurzfristig anzupassen, ohne daß der Arbeitgeber dabei gegen irgendwelche Paragraphen verstoßen würde.

Es ist schon paradox: Endlich sehen die Arbeitgeber ein, daß Arbeit menschenfreundlicher werden muß. Doch die zum Schutz der Arbeitnehmer geschaffenen Arbeitsgesetze bremsen diesen Wandel und machen ihn prekär. Nicht nur das riesige Gesetzeswerk rund um Arbeit und Sozialversicherung braucht eine zukunftsträchtige Reform, sondern auch andere Bereiche wie Bildungswesen oder Gesundheitswesen. Es gibt unendlich viel zu tun. Es gilt einen Berg zu erklimmen. Doch statt unseren Blick auf den Berg zu richten, streiten wir um die Kieselsteine vor unseren Füßen.

Das, was die Arbeitswelt zum Wandel zwingt, erlebt auch die die Politik: Alles wird komplex, ist kaum noch zu verstehen und kaum noch zu steuern. In der Arbeitswelt ist es die Digitalisierung, die alles Bisherige revolutioniert. In der Politik kommt die Komplexität eines 80-Millionen-Volkes inmitten der Multioptionsgesellschaft hinzu. Und auch noch die zunehmende Komplexität der weltweiten Staatsgemeinschaft. Denn von Gemeinschaft kann man ja kaum noch reden. Die Zeit, als die Welt noch in Ost und West aufgeteilt war, und es innerhalb der beiden Blöcke noch so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl gab, ist vorbei. Jeder macht, was er will, jeder verfolgt eigene Interessen. Selbst die EU bröckelt und treibt den EU-Kommissionschef Juncker zur rührend hilflosen Forderung, die EU zu erweitern und den Euro in allen EU-Ländern einzuführen.


Herausforderung Komplexität

Unsere Welt ist unüberschaubar komplex. Das gilt auch für das Gemeinwesen. Es zerfällt und zerfasert, polarisiert und streitet. Gemeinsame Werte gehen verloren, Gruppenwerte nehmen ihre Stelle ein. Das spiegelt sich auch in der Parteienlandschaft wider, und ebenso in den Wahlergebnissen, die vorherzusagen den Umfrageinstituten immer schwerer fällt.

Politisches Denken ist – wie auch das klassische industrielle Denken – digital. Das war es schon, bevor man den Computer erfunden hat: Ja oder nein. Gut oder böse. Links oder rechts. Kapitalismus oder Sozialismus. Schwarz oder weiß. Der Computer machte daraus Null und Eins – und begann mit der Digitalsierung im großen Maßstab. Doch die Welt ist nicht digital. Der Versuch, die analoge Welt durch die digitale Brille zu betrachten und die bunte Vielfarbigkeit der Welt auf simples Schwarzweißdenken zu reduzieren, hat eine unüberschaubare Komplexität aus Nullen und Einsen geschaffen, voller Vieldeutigkeit und Widersprüchlichkeit. Wir haben jede Menge Informationen, aber wir verstehen die Welt nicht mehr.

Das macht es für die Politik so schwer: Sollen wir nun weiter mit der Türkei verhandeln? Oder besser die Verhandlungen abbrechen? Beide Positionen lassen sich gut begründen. Deshalb drehen sich die Diskussionen immer nur im Kreis, ohne ein Ergebnis zu erzielen. Es gibt mehrere plausible Antworten, aber niemand weiß, welche richtig oder falsch ist. Am Ende steht dann doch eine wackelige Entscheidung – ohne Gewißheit, ob sie zielführend ist, und deshalb immer wieder angefochten.


Festhalten am Alten?

Den fundamentalen Wandel, den die Wirtschaft jetzt notgedrungen angehen muß, braucht die Politik auch. Während es in der Wirtschaft bereits Anfänge eines Umdenkens gibt, ist die Politik noch nicht so weit. „Wann ändert sich die Politik?“, fragt eine der Parteien auf ihren Wahlplakaten – ohne eine Antwort darauf zu geben. Ich frage mich schon, ob die wirklich wegweisenden Impulse für unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten nicht aus der Politik kommen werden, sondern aus der Wirtschaft. Ja, aus der bisher so unmenschlichen, als neoliberal gescholtenen Wirtschaft!

Es ist nicht einfach, langjährig Existierendes zu verändern. Das zeigen die machtvollen Demonstrationen in Frankreich gegen die dortigen Versuche Macrons, die verkrustete Arbeitsgesetzgebung zu lockern. Doch geradezu existenzgefährdend kann es werden, wenn man stur am Alten festhält. Das mußte die DDR-Regierung im Herbst 1989 erleben, deren Festhalten an der alten Ideologie das Aus für die DDR bedeutete. Ähnliches erlebte Großbritannien im späten 19. Jahrhundert. Das Wirtschaftswunder durch Dampfmaschine und Eisenbahn war vorbei. Doch während man in Deutschland mit überwältigendem Erfolg auf die Nutzung der Elektrizität setzte, hielten die Briten am Dampf fest - und fielen für lange Zeit in die wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit.

Wohin also führt es, wenn wir an der Autobranche festhalten, die nach dem Krieg unser Wirtschaftswunder befeuerte? Wohin führt es, am „Normalarbeitsverhältnis“ festzuhalten, das über hundert Jahre lang gut funktionierte? Andererseits: Loslassen gehört vielleicht zum Schwierigsten überhaupt. Während man noch krampfhaft dabei ist, durch noch mehr Regulierung auch das allerkleinste Steuerschlupfloch zu stopfen, ist es fast unmöglich, an Deregulierung zu denken. Das wäre ja eine totale Kehrtwende! Der Gedanke, die Zügel, die man eben noch straff in der Hand hielt, locker zu lassen, macht Angst: Was wird dann passieren? Was kann man dann noch beeinflussen? Wird nicht alles durcheinander geraten? Man hat doch als Politiker schließlich Verantwortung…


Auch das Alte wertschätzen

Doch um nicht vom einen Extrem ins andere zu rutschen: Fortschritt nur um des Fortschritts bringt es auch nicht. Altes zu schnell zu verwerfen, nur weil es alt ist, schwächt uns. Fortschritt heißt, ja, von etwas Altem fortzuschreiten. Wenn dieses Alte auch heute noch gut und tragfähig ist, würde uns damit Entscheidendes verloren gehen. Es schwächt das Fundament, das frühere Generationen gebaut haben, und auf dem wir heute stehen. Es gilt vielmehr, das Alte auf den Prüfstand zu stellen, gemäß dem biblischen Motto: „Prüfet alles, und das Gute behaltet.“ Das ist eine große Herausforderung für vielbeschäftigte Politiker, die ständig von einem Termin zum anderen hetzen. Sie haben keine Zeit, über diese Dinge in Ruhe nachzudenken.

Das ist vielleicht eines der größten Probleme der Politik. Gestreßtes und übereiltes Handeln führt leicht zu Fehlentscheidungen – mit großen, manchmal unumkehrbaren Auswirkungen. Aber auch zu euphorisches Handeln kann daneben gehen. Ich denke an die friedliche Nutzung der Atomenergie: Was für ein faszinierender Gedanke nach dem Krieg, nach dem Schrecken von Hiroshima und Nagasaki! Oder die „autogerechte Stadt“: Weg mit dem Mief der Vergangenheit, Platz für das Wirtschaftswunder! Heute trauern wir den verschwundenen Altstädten nach und wissen nicht, wohin mit dem Atommüll.

War die Einführung des Euros ein Fehler? Hartz IV? Die Energiewende? Die Öffnung der Außengrenzen für Flüchtlinge? Die Diskussionen sind kontrovers. Es gibt gute Gründe, darin richtige Entscheidungen zu sehen. Und ebenso gute Gründe, die Entscheidungen für falsch zu halten. Erst später, mit dem Rückblick auf die längerfristigen Entwicklungen, werden wir die Fragen wirklich beantworten können. Doch dann sind eventuelle Fehler bereits geschehen. Und welche Fehler begehen wir heute? Vielleicht die Digitalisierung? Werden wir uns eines Tages vorwerfen, wir hätten das viele Geld für die Computer und Roboter besser in den Menschen investieren sollen?


Demütige Charaktere statt Machertypen?

Unsere Welt ist hochgradig komplex. Wir verstehen sie nur ansatzweise. Keine gute Zeit für gute Politik: Wir müssen handeln, aber wir wissen nicht, wie sich unser Handeln auswirken wird. Das sollte uns demütig machen. Gerade auch die Politiker. Doch demütige Charaktere haben in unserem Politikbetrieb, wie er heute ist, kaum eine Chance. Gefragt sind die Machtertypen, die selbstsicher und medienwirksam vorgeben zu wissen, was zu tun ist. Das ist vielleicht der größte Fehler, den wir immer wieder machen. Wir alle – nicht nur die Politiker, sondern auch die Wähler. Es ist ein auf sich selbst bezogenes, um sich selbst kreisendes System, dem kaum jemand zu entkommen vermag.

Niemand steht über den Dingen. Wir alle machen Fehler. Das gehört zum Menschsein dazu. Wir können das nicht abstellen, und wir sollten das auch nicht, denn Fehler sind geniale Lernchancen und der Nährboden für Kreativität. Aber wir sollten uns dieser Tatsache bewußt sein und nicht die Illusion der Unfehlbarkeit und Stärke pflegen. Der einzige Ausweg, den ich sehe: Die eigene Sichtweise relativieren. Miteinander reden. Einander zuhören. Schon der Turmbau zu Babel scheiterte an Kommunikationsproblemen. Daraus sollten wir lernen. Alle Meinungen sind wichtig, besonders die Andersdenkender. Also: Auch mal die Opposition fragen, ob das Vorhaben wirklich gut und sinnvoll ist. Ob es der Gemeinschaft nützt – oder nur dem Ego.

Auch das wird uns nicht zuverlässig vor Fehlern und Fehlentscheidungen schützen. Manche Ideen sind so faszinierend, daß sich ihnen kaum jemand entziehen kann. Es mag Warner geben, doch es ist ihnen in solch einer Dynamik kaum möglich, sich Gehör zu verschaffen. Es gibt eine Art kollektiver Blindheit, eindrucksvoll illustriert durch das Jahr-2000-Problem: Damals verschlief eine ganze Branche kollektiv den bevorstehenden Zahlensprung im Datum und löste damit die teuerste Technikpanne seit der Industrialisierung aus, deren Nachklang uns noch jahrelang in Politik und Wirtschaft beschäftigte.


Besonnen handeln

Ähnlich weitreichend sind die Auswirkungen politischen Handelns. Es schafft Gesetze und Verordnungen, weist an oder verbietet, schafft zumindest Handlungsanreize. Ein ganzes Volk reagiert darauf. Verhalten verändert sich landesweit – eine mächtige Bewegung, die ihrerseits Rückwirkungen auf das Ganze hat und die Komplexität weiter steigert. Sind Gesetze nicht zu Ende gedacht, und berücksichtigen sie Risiken und Nebenwirkungen nicht ausreichend, dann kann das ziemlich schief gehen, schafft individuelles Leid, vernichtet Geld und Werte – und erreicht nicht selten das Gegenteil des Beabsichtigten. Doch etwas in Ruhe zu durchdenken, hat eben keinen Platz im hektisch getriebenen Alltag des Politikers, der sich um alles kümmern muß…

Bei allem Hinterfragen: Der Politikbetrieb ist, wie er ist. Grundlegende Veränderung ist nicht in Sicht. Sie kommt erst in Gang, wenn der Leidensdruck groß genug ist. Dazu aber geht es uns zu gut. Nun haben wir erst mal wieder die Qual der Wahl. Hoffen wir auf gute und ausgewogene Einzelimpulse weitblickender, besonnener, verantwortungsvoller Akteure. Hoffen wir auf Leute, die das Beste aus dem Existierenden machen. Wird die Wahl die Hoffnung erfüllen?

Herzlichst,
Ihr Reimar Lüngen



„Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Sondern frage, was du für dein Land tun kannst.“
– John F. Kennedy



Inhalt

> Petition: Benachteiligung Selbständiger beenden
> Termine und Infos
> Beruflichen Wandel meistern



Petition: Benachteiligung Selbständiger beenden

Falls Sie selbständig sind und sich über die überhöhten Mindestbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ärgern: Es gibt eine Petition des Vereins für Gründer und Selbständige Deutschland (VGSD), die einkommensabhängige Beiträge fordert. Bitte zeichnen Sie mit, um die demnächst neu gewählte Regierung auf die Benachteiligung aufmerksam zu machen.

Petition und ausführliche Informationen: www.vgsd.de/faire-beitraege/



Termine und Infos

Auch weiterhin stehe ich für Coaching zur Verfügung, lasse aber die reguläre Seminartätigkeit ruhen. Für spezielle Seminaranfragen bleibe ich dennoch offen.


Seminaranfragen

Immer wieder werde ich gefragt, ob es Seminare, wie ich sie anbiete, auch anderswo als nur in Norddeutschland gäbe. Meines Wissens nicht – aber ich würde sie auch woanders halten, wenn ich eingeladen werde. Wenn es am Ort einen Ansprechpartner oder ein Team gibt, das bei der Organisation hilft und lokal auch ein wenig die Werbetrommel rührt, dann können wir mit wenig Aufwand Großes erreichen – natürlich zu beiderseitigem Nutzen, wie bisherige Veranstaltungen zeigen. Also: Wenn Sie mich als Referent einladen möchten, dann sprechen Sie mich gern an!

Mehr zu meinen Seminarthemen auf: www.RLuengen.de/termine



Beruflichen Wandel meistern

Sie sind frustriert im Beruf? Drohen auszubrennen? Langweilen sich zu Tode? Vermissen den Sinn? Wissen nicht, wie es weitergehen soll? Dann bleiben Sie nicht in Ihrer frustrierenden Situation! Sie riskieren sonst vielleicht sogar gesundheitliche Schäden. Warten Sie nicht, bis es zu spät ist.

Wenn Sie sich eine Veränderung nicht zutrauen oder nicht wissen, was Sie als nächstes tun sollen, dann stehe ich Ihnen mit Berufungscoaching und/oder Bewerbungscoaching gern zur Verfügung: Sie entdecken, was in Ihnen steckt, gewinnen Klarheit über Ihre Möglichkeiten, wissen, welche Richtung Sie einschlagen können, verstehen, wie der Bewerbungsprozeß funktioniert und präsentieren mutig einen Lebenslauf, auf den Sie stolz sein können.

Wenn Sie sich das wünschen, dann lassen Sie sich doch zu einem unverbindlichen und kostenlosen Kennenlerntelefonat einladen. Wir nehmen uns Zeit füreinander und ergründen, was Sie brauchen und was ich für Sie tun kann. Sie gehen kein Risiko ein: Nur wenn alles perfekt paßt, beginnen wir mit dem Coaching. Davor sind Sie zu nichts weiter verpflichtet.

So erreichen Sie mich:

Reimar Lüngen
Onckenstraße 11
22607 Hamburg

Tel. 040/28 41 09 45
E-Mail info@klaarkimming.org

Mehr Infos auf: www.KlaarKimming.org




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